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  • AutorenbildPater Leopold Kropfreiter

Aktualisierung: Kasachstan in der Coronakrise

Die Coronasituation in Kasachstan

Meistens ist Kasachstan eher etwas abseits der großen Schlagzeilen. Auch in der Zeit der Coronakrise ist aus dem größten zentralasiatischen Land nicht viel zu hören. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Zahl der Erkrankten und der Todesfälle in Kasachstan glücklicherweise recht gering ist, während die Nachbarländer China und Russland von der Pandemie schwer betroffen sind/waren. Gemäß den heutigen Zahlen haben wir insgesamt 5126 registrierte Infektionen (bei 18,4 Millionen Einwohnern Kasachstans), von denen 1941 Personen genesen sind. 31 Menschen kamen ums Leben. Die Infektionsherde sind die beiden Millionenstädte Nur Sultan und Almaty, wo jeweils mehr als 1000 Infizierte gemeldet wurden. Der erste „Coronafall“ tauchte am 13. März auf: Eine Frau, die aus Mailand nach Kasachstan zurückgekehrt war, wurde positiv auf Covid-19 getestet. Am selben Tag wurde auch bei einem Heimkehrer aus Deutschland eine Infektion diagnostiziert. Vom 16. März bis 11. Mai, also fast zwei Monate lang, wurde über das ganze Land eine Ausnahmesituation verhängt. Damit wurden viele Einschränkungen im täglichen Leben eingeführt, die im großen und ganzen den Regelungen in zahlreichen europäischen Ländern sehr ähnlich waren: Nur für lebensnotwendige Besorgungen (Lebensmittel, Medikamente) durfte das Haus/Wohnung verlassen werden. Spielplätze, Parks, Banken, Kinos, usw. wurden geschlossen, genauso wie Schulen, Kollegien und Universitäten, die nun über das Internet den Unterricht fortsetzten. Kirchen und Moscheen stellten ihre Gottesdienste ein. Auch hier wurden viele Internetangebote eingerichtet, um mit den Gläubigen in Verbindung zu bleiben. Polizeipatrouillen und Sicherheitsposten an den Stadteinfahrten kontrollierten die Einhaltung der Quarantänebestimmungen. Auch das Tragen von Masken wurde rigoros eingefordert, besonders bei Betretung von öffentlichen Gebäuden, Geschäften, Apotheken. Hier wurde auch auf den Mindestabstand geachtet.

Für mich persönlich brachte die Coronakrise viele Veränderungen und Einschränkungen mit sich: Am 16. März sollte ich für ca. 2 Wochen nach Usbekistan fliegen. Genau an diesem Tag traten die Maßnahmen der Ausnahmesituation in kraft. Am Vorabend erhielt ich von der Fluglinie den Bescheid, dass der Reiseverkehr nach Usbekistan eingestellt wird. Es gelang mir noch, Nur Sultan, die Hauptstadt des Landes zu verlassen, bevor die Stadt abgeriegelt wurde. Nach und nach wurden alle weiteren Städte und Ortschaften in unserem Umkreis unter Quarantäne gestellt. Nur mit einer besonderen Genehmigung war es möglich, in die Stadt zu fahren (die nächste ist ca. 120 km entfernt). Letztlich habe ich, genauso wie die meisten Menschen hier, seit Mitte März das Dorf nicht mehr verlassen.

Die Schüler unseres Schulprojekts „Sankt Lorenz“, das Kindern und Jugendlichen in der Steppe Nordkasachstans gute Ausbildung und Zukunftsperspektiven bietet, wurden am 17. März in die verfrühten Frühlingsferien entlassen. Voraussichtlich bis 1. September wird es keinen Schulbesuch geben. Mit nicht wenig Mühe stellten wir den Schulbetrieb auf Fernunterricht um. Weil in der Steppe Kasachstans nicht überall eine angemessene Internetverbindung besteht, war es besonders in der Anfangsphase des Online-Unterrichts sehr schwierig, mit allen Schülern in Kontakt zu treten. Die meisten Kinder und Jugendlichen, aber auch Eltern, die durch den Fernunterricht nicht wenig gefordert sind, sehnen sich mittlerweile nach dem „normalen“ Schulalltag zurück. Auch unser Kindergarten, der von ca. 80 Kindern besucht wird, wurde geschlossen. Wir freuen uns sehr, dass es in den nächsten Tagen möglich sein wird, zumindest den Kindergartenbetrieb wieder aufzunehmen.

Von staatlicher Seite gab es ein Bündel an Maßnahmen, um die Wirtschaftstreibenden, aber auch die Bevölkerung zu unterstützen: Der Einzelhandel wurde von der Lohnsteuer und Landwirtschaftsbetriebe von der Grundsteuer befreit, in Familien, wo Kinder nicht den Kindergarten besuchen durften, konnte ein Elternteil bezahlten Urlaub beantragen. Großen Zuspruch fand ein Hilfsfond, durch den Menschen in Not eine Unterstützung von 42500 Tenge (ca. 100 Euro) erhalten konnten. Diese Summe entspricht dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn.

Vielleicht sind es die riesigen Abstände zwischen den Städten und Ortschaften, die eine größere Ausbreitung des Coronavirus verhindert haben. Vielleicht auch die strengen Quarantänebestimmungen, die konsequent eingefordert wurden. Insgesamt hoffen die Menschen Kasachstans, dass es bald möglich sein wird, zur „Normalität“ zurückzukehren. Damit verbunden ist auch die Sorge vor einer zweiten Corona-Welle, die wieder strengere Eindämmungsmaßnahmen erforderlich machen würden.

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